Sophie Sondhelm:
Namensgeberin unserer Schule
(1887 – 1944)
Quelle: Kurzdoku Sophie Sondhelm
Sophie Sondhelm wurde am 18. März 1887 in der Gemeinde Kleinlangheim im heutigen Landkreis Kitzingen als Tochter der Eheleute Seligmann und Malchen (Amalia), geborene Schloß geboren. Sie war das drittjüngste Kind der Familie (vier Schwestern, Cerri geb. 1880, Babetta geb. 1881, Heinrich geb. 1885, Hedwig geb. 1888, Mina geb. 1890). Der Vater, ein Viehhändler und Bäcker, war Angehöriger des Landjudentums in Franken. Diese Familien gehörten meist nicht zu den Wohlhabenden innerhalb der Dorfgemeinschaft. Abwanderungen in die Städte und vor allem Auswanderungen nach Übersee waren ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine Möglichkeit, um den ärmlichen Verhältnissen zu entgehen. Obwohl oft schon seit Generationen in den Orten lebend erfuhren sie immer wieder Ausgrenzung in Belangen des alltäglichen Lebens.
Sophie Sondhelm verließ ihren Heimatort um eine Ausbildung zur Krankenschwester im „Israelitischen Asyl für Kranke und Altersschwache“ in Köln zu absolvieren. Später war sie dort als Operationsschwester tätig.
Als die jüdische Kinderheilstätte in Bad Kreuznach Anfang Mai 1920 eröffnet wurde, übernahm Sophie Sondhelm deren Leitung. Ihre Schwester Hedwig, die Cousine Lina und die Nichte Raya waren ebenfalls in der Einrichtung tätig. 1933 schuf Sophie Sondhelm eine Anlaufstelle für alle zionistischen Jugendverbände in diesem Haus.
Sie galt als gute Organisatorin, tüchtige Wirtschafterin und eine herausragende Erzieherin. Liebevoll und mitfühlend kümmerte sie sich um die ihr anvertrauten Kinder, gab ihnen Kraft und Energie – in schwerer Zeit.
Am 9. November 1938 wurde das Heim auf der Cecilienhöhe – nach vorheriger Demolierung durch nationalistische Schlägertrupps – geschlossen. Wegen „Verdreckung“ hieß es im brachialen Sprachgebrauch jener Zeit. Eine wertvolle Immobilie war zum Leerstand geworden – und damit frei verfügbar für die neuen Machthaber. Bei der Bombardierung von Kreuznach wurde ein Teil des Hauses zerstört. Um 1960 entstand auf dem Gelände – nach Abriss der noch vorhandenen Gebäude- das Schwesternheim des Viktoriastiftes.
Sophie Sondhelm begab sich nach der Schließung des Hauses wieder nach Köln, wo sie als Krankenschwester im ehemaligen jüdischen Kindergarten arbeitete. Offensichtlich wollte sie von dort aus einen Kindertransport nach Palästina begleiten. Dies gelang ihr nicht. Die Einreiseerlaubnis in das unter britischem Mandat stehende Palästina galt nur ihrer Person, der gut ausgebildeten Krankenschwester. Sie verzichtete auf dieses Angebot. Später unternahm sie noch einmal den Versuch, mit Kindern nach Palästina zu kommen. Auch diesen Plan konnte sie nicht umsetzen. Nachdem ihr Neffe in die USA ausgewandert war, hatte er zweimal eine Einreiseerlaubnis für sie erwirkt, doch Schwester Sophies Verantwortungsbewusstsein für die ihr Anvertrauten ließ die Emigration nicht zu.
Im August 1939 übernahm sie die Leitung des Altersheimes „Friedrichsheim“ in Gailingen am Bodensee. Die jüdischen Bewohner des Heimes aus Baden und der Pfalz wurden 1940 nach Gurs in Süd-Frankreich deportiert. Sophie Sondhelm ging mit den nicht-transportfähigen Alten nach Konstanz, wo sie im Jüdischen Gemeindehaus Unterschlupf fanden. Im Jahr darauf wurde auch diese Gemeinschaft aufgelöst. Am 29. April 1942 wurden die Heimbewohner nach Izbica bei Lublin deportiert – ein Weg in den sicheren Tod.
Sophie Sondhelm war schon zuvor vom Jüdischen Kinderheim in Neu-Isenburg angefordert worden. Ein Briefwechsel der „Bezirksstelle Hessen-Nassau der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ an die Gestapo in Offenbach (18. November 1941) gibt darüber Auskunft:
„Die bisherige Leiterin dieses der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland gehörenden Heimes, Fräulein Helene Sara Krämer, ist ausgewandert. Wir haben an Ihrer Stelle Schwester Sophie Sara Sondhelm…. mit der Leitung des Heimes betraut. Wir bitten, der Genannten die Zuzugsgenehmigung zu erteilen.“
Das Neu-Isenburger Heim war schon in der Pogromnacht am 9. November 1938 teilweise durch Brand zerstört worden und sollte in absehbarer Zeit aufgelöst werden. Dies war die Situation die Sophie Sondhelm vorfand. Die 57 Bewohner wurden bald darauf deportiert und die Einrichtung am 31. 3. 1942 aufgelöst.
Sophie Sondhelm ging zusammen mit der Wirtschafterin des Hauses, Hanna Königsfeld, am 5. April 1942 nach Darmstadt. Ein Leben in der Halb-Illegalität begann. Es gab nirgendwo mehr einen Ort für sie. Im Mai 1942 stand sie vor dem Strafrichter, da sie in einem Schreiben den Namenszusatz („Sara“*) nicht angegeben hatte.
Am 10./12. Februar 1943 wurden Sophie Sondhelm und Hanna Königsfeld nach Theresienstadt deportiert, wo sie ihre älteste Schwester Carri wiedertraf. Sie versuchte noch in dieser verzweifelten Situation ihre Fähigkeiten einzusetzen, die da waren Mut und Hilfsbereitschaft. Es sollte sie und ihre Gefährten nicht retten. Am 9. Oktober 1944 ging sie mit ihrer Schwester und Freundin auf den Transport nach Auschwitz.
Sophie Sondhelm, eine außerordentliche Persönlichkeit, eine couragierte, mutige und selbstlos handelnde Frau, wurde ein Opfer von Hass, Gewalt und Demagogie. Eines der vielen, vielen Menschen, die von einem verbrecherischen Regime vernichtet wurden.
*)Verordnung zur Durchführung des Gesetztes über die Änderung von Familien- und Vornamen. Es zielt darauf ab, jüdische Deutsche anhand ihrer Vornamen kenntlich zu machen.
Ab Januar 1939 mussten sie den Vornamen Israel oder Sara annehmen. ..
Weitere Links zu Sophie Sondhelm:
http://gedenkbuch.neu-isenburg.de/sondhelm-sophie/